Review: Kiss me Teacher

Young teacher, the subject
Of schoolboy fantasy
He wants him so badly
Knows what he wants to be
Inside him there’s longing
This boy’s an open page
Book marking – he’s so close now
This boy is half his age

(The Police)

Atsushi Arizawa hat eigentlich eine Empfehlung für eine Elite-Schule in seiner Stadt. Als er jedoch einen Brief von seiner großen Liebe aus Kindheitstagen, seinem Babysitter, den er zärtlich Maa-chan nannte, erhält, entscheidet er sich, sich auf der berüchtigten Jogaoka-High anzumelden, die ein ziemlicher Chaotenhaufen ist. Maa-chan, den er seit Jahren nicht gesehen hat, schreibt ihm nämlich, dass er dort eine Stelle als Sanitäter angenommen hat. Atsushi ist ein eher zarter und zurückhaltender Junge und vor seinem ersten Schultag ist ihm ziemlich mulmig zumute. Für seine große Liebe jedoch, würde er alles riskieren.
Gleich am ersten Tag erfüllen sich seine schlimmsten Befürchtungen als er direkt vor der Schule von einem stürmischen jungen Mann fast über den Haufen gefahren wird. Und nicht nur das. Seine Klasse besteht tatsächlich nur aus Schlägertypen. Zu allem Überfluss stellt sich auch noch heraus, dass ausgerechnet der rasante Autofahrer von eben sein Klassenlehrer ist. Atsushi würde am liebsten sofort wieder die Schule wechseln und als dann auch noch ein ziemlich rebellisch wirkender Typ nach ihm fragt, hofft er nur noch, dass er wenigstens zum Sanitäter gebracht wird, wenn dieser mit ihm fertig ist.

Es stellt sich jedoch heraus, dass es sich um Koji Inagaki handelt, mit dem Atsushi zusammen die Grundschule besucht hat. Er hat sich damals regelmäßig geprügelt, um Atsushi zu beschützen. Und hat ihm sogar einen Heiratsantrag gemacht. Inagaki versichert ihm, dass sich an seinen Gefühlen rein gar nichts geändert hat, dass er ihn immer noch beschützen, aber vor allem küssen will. Atsushi  ist zwar dankbar, dass er so etwas wie einen Freund gefunden hat, allerdings hat er überhaupt keine Lust, Inagaki zu küssen, denn sein Herz gehört schließlich Maa-chan. Inagaki muss sich ständig gegen die anderen Schüler zur Wehr setzen, die ihn dazu bringen wollen, ihren Sportclubs beizutreten, denn er ist ein begnadeter Sportler, der aber nicht die geringsten Ambitionen hat, sich einem der Clubs anzuschließen.  
Die größte Enttäuschung des Schultages erfolgt allerdings, als Atsushi ins Sanitätszimmer kommt, um endlich seinen geliebten Maa-chan zu treffen. Hier wartet nicht der sanfte junge Mann auf ihn, mit dem er gerechnet hat, sondern sein aufgedrehter Klassenlehrer. Atsushi kann nicht begreifen, wie Maa-chan sich so sehr verändern konnte. Er ist vollkommen vor den Kopf gestoßen. Der Maa-chan aus seiner Erinnerung existiert offenbar nicht mehr. Atsushi ist so schockiert, dass er das Bewusstsein verliert. Im Traum schwelgt er in Erinnerungen an Maa-chan, der auf ihn als Kleinkind aufgepasst hat. Schon damals hat Atsushi davon geträumt, dass sie für immer zusammen bleiben. Als er jedoch erwacht, sieht er wieder das Gesicht des Sanitäters vor sich. Und dieser scheint sich noch nicht einmal, an Atsushi zu erinnern.

Was Atsushi jedoch nicht weiß ist, dass es sich bei dem Sanitäter tatsächlich nicht um den Maa-chan handelt, an der er sich aus seiner Kindheit erinnert. Dieser hat kurz bevor Atsushi auf die Schule wechselte seinen Posten an seinen ein Jahr jüngeren Bruder Masayoshi abgetreten und ist immer noch derselbe sanfte und liebevolle Mensch, den Atsushi kennen gelernt hat. Selbst als Masayoshi herausfindet, dass es sich bei Atsushis großer Liebe nicht um ihn selbst, sondern um seinen Bruder Masami handelt, klärt er das Missverständnis jedoch nicht sofort auf, sondern lässt Atsushi weiter ins Leere laufen. Seltsamerweise fängt Atsushi jedoch an, auch an Masayoshi positive Seiten zu entdecken. Er muss sogar feststellen, dass er Herzklopfen bekommt, wenn er in seiner Nähe ist und dass er den Spitznamen Maa-chan jetzt für den neuen Maa-chan benutzt.
Natürlich muss Atsushi sich auch weiterhin der Übergriffe Ingakis erwähnen, der keine Chance auslässt, um zu versuchen, ihn zu küssen.

Sein Bruder ist jedoch nicht Masayoshis einziges Geheimnis. Die beiden Brüder haben einen Nachtclub von ihrem Vater geerbt, den Masayoshi neben der Schule leitet. Hier arbeiten die sympathischen und willensstarken Transvestiten Kayako und Catherine, die nicht nur Atsushi im Laufe der Geschichte häufig mit Rat und Tat zur Seite stehen. Inagaki nimmt hier einen Nebenjob an, ohne zunächst zu wissen, dass der Club Masayoshi und Masami Shibata gehört.
 Masami hat inzwischen sein Herz an Masayoshis ehemaligen Klassenkameraden Toru Hagiwara verloren, der inzwischen an derselben Schule arbeitet wie Masayoshi und den Kendo-Club leitet. Masayoshi und Toru haben ein sehr ausgeprägtes Konkurrenzverhalten um Masami, denn Masayoshi hat mehr als nur brüderliche Gefühle für seinen großen Bruder. Er gönnt es Toru nicht wirklich, dass dieser mit ihm zusammen ist und versucht vor allem jeglichen Austausch von Zärtlichkeit zwischen den beiden zu vermeiden. Er selbst ist ein ziemlicher Frauenheld, was aber auch daran liegen mag, dass sein Herz eigentlich Masami gehört und er sich deshalb nicht anderweitig binden kann.

Inagakis Alibi-Freundin Yuriko ist ein leidenschaftlicher Yaoi- und Shonen-Ai Fan und versucht ständig ihre Lehrer und Mitschüler zu verkuppeln. Sie taucht jedes Mal auf, wenn es irgendwo eine vielversprechende Szene zwischen zwei Männern gibt und würde am liebsten jedes Mal Fotos davon machen. Sie dichtet zum Beispiel Toru und Masayoshi eine Beziehung an, weil die beiden sich ständig in den Haaren liegen. Und obwohl sie Inagaki eigentlich ziemlich gern mag, würde sie es noch lieber sehen, wenn er und Atsushi ein Paar werden würden. Yuriko ist ein herrlicher Charakter und zusammen mit Maiko aus Gravcitation beinahe der einzige weibliche Charakter in Shonen-Ai Mangas, den ich absolut liebe.
Aber an „Kiss me Teacher“ gibt es noch weitere Aspekte, die die Geschichte für mich zu etwas ganz besonderem machen. Genial finde ich zum Beispiel die Tatsache, dass Masami, der eigentlich der absolut typische zarte und niedliche Uke ist, zum wilden Tier mutiert, sobald er hinter dem Steuer seines Autos sitzt. Er ist dann ein vollkommen anderer Mensch und schockt seinen Partner Toru damit fast zu Tode. Herrlich ist auch, dass er, obwohl er so unschuldig wirkt, in der Beziehung zu Toru derjenige ist, der sehnsüchtig darauf wartet, dass es endlich vorangeht und sie miteinander schlafen, was Masayoshi wiederum jedes Mal zu verhindern weiß.

Sehr gern mag ich auch die Familie von Masayoshi und Masami. Ihre Mutter ist gestorben aber ihr sehr attraktiver Vater Yoshiyuki, der in Norwegen lebt, hängt an seinen Söhnen und lädt sie zu sich ein. Zwar ist er nicht immer sympathisch und Masayoshi kann ihn am Anfang der Geschichte nicht ausstehen, aber ich finde er ist ein sehr glaubwürdiger und liebenswerter Charakter und freue mich jedes Mal, wenn er auftaucht. Auch immer wieder toll finde ich Inagakis zeternde Mutter, die nicht gerade sanft versucht, ihren Sohn anständig zu erziehen.
Kazuma Kodaka hat einen sehr eigenen Stil, ihre Geschichten zu erzählen. Ihr spezieller Humor, aber auch ihre Fähigkeit, sich in die Personen hinein zu fühlen führen dazu, dass man wirklich mitgerissen wird und abwechselnd lacht und Tränen in den Augen hat. Im Laufe der Geschichte werden die Vorgeschichten der einzelnen Charaktere erzählt. Man erfährt, wieso Masayoshi seinen Vater hasst, wie Toru und Masami sich kennen lernten, oder wie sie schließlich ein Paar wurden. Dadurch versteht man nach und nach alle Charaktere immer besser und sie entwickeln sich vor den Augen der Leser weiter. Besonders Atsushi verwandelt sich nach und nach von einer kleinen Heulsuse zu einem jungen Mann, der zu seinen Gefühlen steht und dafür kämpfen will. Auch Nebencharaktere sind nie langweilig, sondern haben immer ihre eigene Persönlichkeit und Geschichte, so dass der Manga niemals flach wird. Die Hauptcharaktere haben natürlich auch einiges auszustehen. So wird Atsushis Liebe von Masayoshi sehr lange nicht im geringsten erwidert und er kämpft schon um ein gelegentliches nettes Wort, während er sich gleichzeitig Inagaki von Hals halten muss, der ihm beteuert, wie aufrichtig seine Gefühle sind. Auch Toru und Masami haben einige Hürden zu überwinden. Zum Beispiel weiß Masamis Vater noch nichts von der Beziehung und ein Norwegen-Urlaub scheint die Gelegenheit zu sein, um ihm endlich die Wahrheit zu sagen.

Kazuma Kodaka begann bereits 1993 damit, „Kiss me teacher“ zu zeichnen. Auch der Stil ist etwas Besonderes für ein Shonen-Ai Manga, denn er ist eine Mischung aus Zeichenstilen, die typisch für Shojo-Mangas (Mangas für Mädchen) und solchen die typisch für Shonen-Mangas (Mangas für Jungen) sind. So zeichnet Kazuma Kodaka zum Beispiel sehr gerne dynamische Sportszenen und ihre Hauptpersonen sind nicht die typischen androgynen Bishonen mit wallendem Haar und bildschönen zarten Gesichtern, sondern eher maskuline Charaktere. Gerade das gefällt mir persönlich aber sehr gut. Auch ihre Darstellung schwuler Beziehungen ist nicht romantisch-verklärt, wie es in vielen honen-Ai Mangas der Fall ist. Ihre Protagonisten müssen sich durchaus realen Problemen stellen und treffen auf Ablehnung von Familien und Mitmenschen, was sie aber meist auf humorvolle Weise meistern.

Da der Manga bereits vor 16 Jahren begonnen wurde ist der Stil auch nicht mehr wirklich als modern zu bezeichnen. Grade das finde ich aber ebenfalls sehr angenehm. In Japan erschien der Manga in dem Yaoi-Mgazin Be X Boy, das auch deutschen Yaoi-Fans ein Begriff ist. Der erste Teil des Mangas erschien in der ersten Ausgabe dieses Magazins, ist also allein dadurch schon ein Klassiker. Der letzte der zehn Bände erschien in Japan 2002, also fast zehn Jahre nach dem ersten.
„Kiss me teacher“ würde ich jedem Shonen-Ai Fan empfehlen, dem auch eine abwechslungsreiche Geschichte wichtig ist. Der Manga ist zwar humorvoll aber dadurch nicht weniger gehaltvoll. Erotische Szenen und Sexszenen sind hier deutlicher seltener zu finden als in Kizuna.

 

  General Info

Japanischer Titel: Kusatta Kyoushi no Houteishiki
Mangaka: Kazuma Kodaka
Sprache: deutsch
Verlag: Japan: Biblos Co. 1993
Deutschland: Carlsen Comics 2005
Bände: 10
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Shonen-Ai-Meter: (6)
Charaktere: Charaktere
Medien: OVA +Soundtrack, drei Hörspiele (nicht in Deutschland erhältlich)