Langeweile

Das Rauschen der Wellen, die sich gegen den Bug des Schiffes brachen, wurde von den luftigen Fingern des Windes langsam über das Schiff hoch gehoben und weit über das Meer davon getragen. Hin und wieder vernahm man ein Platschen eines Fisches, der neugierig die Piraten beobachte, die sich in seine Heimat gewagt hatten. Die Sonne schien klar und mild auf die Bretter hinunter, wärmte die Menschen so, dass sie weder froren noch schwitzten.
Zorro lag auf dem etwas erhobenen Deck auf dessen Höhe auch die Küche lag, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und ließ sich die Sonnenstrahlen gemütlich ins Gesicht scheinen. Es war ein ausgesprochen ruhiger Tag auf der Flying Lamb, keine Streitereien, keine Nörgeleien und auch keine anderen Piraten- oder Marineschiffe, die der kleinen Crew das Leben hätten schwer machen können. Bis-
„Hey, Zorro!“ Ein angenervter blonder Koch stieß die Küchentür auf, die Hände in die Hosentaschen vergraben, wie immer eine Zigarette im Mund und schritt auf den faulenzenden Schwertkämpfer zu.
„Was is’?“ Der grünhaarige Mann fragte ohne die Augen zu öffnen, konnte aber spüren, wie sich Sanji in der Höhe seiner Hüften breitbeinig über ihn stellte.
„Wolltest du mir nicht beim Kochen helfen?“
„Wollte ich das?“ Die Augen öffneten sich nun doch um den anderen anzuschauen, wurden aber sofort wieder zusammengekniffen, da der Koch die Sonne direkt im Rücken hatte. Zorro löste einen Arm aus der Verschränkung und schirmte damit das helle Licht ab.
„Ja, das wolltest du“, Sanji klang hörbar genervt. Er hasste es, wenn Zorro Küchendienst hatte. Man musste ihm immer erst zehnmal in den Hintern treten. Und wenn er lag war das nicht ganz so einfach...
„Jetzt sofort?“ Der Schwertkämpfer grinste, während der andere die Augen verdrehte.
„Nein, in 10 Tagen...“
„Gut, dann komm ich da.“
„Zorro!“ Sanji atmete einmal tief durch. Nami hatte beim Frühstück gemeint, sie wolle einen ruhigen, streitlosen Tag haben und er würde alles daran setzen, dass seine Geliebte diesen auch bekommen würde. „Ich kann deine Portion auch einfach auf uns andere verteilen, dann kriegst du gar nichts. Wär’ dir das lieber?“ Der Koch versuchte zu sticheln, aber Zorro ließ sich nicht darauf ein und grinste nur.
„Glaubst du, du würdest das schaffen?“ Ganz unvermittelt packte er Sanji in der einen Kniekehle und zog das Bein nach vorne, sodass der völlig überraschte Koch das Gleichgewicht verlor und sich mit seinen Händen gerade noch auf jeweils einer Seite direkt neben Zorros Kopf abstützen konnte. Noch immer perplex starrte er in das frechgrinsende Gesicht des anderen, der nun in einem fast beschwörerischen Ton meinte:
„Ich nehm’ mir einfach, was ich haben will!“
Sanjis Blick verfinsterte sich und er trat mit dem freien Bein nach Zorros Gesicht. Der konnte den Tritt aber gerade noch abfangen und begann dann zu lachen.
„Reg dich nicht so auf, ich komm ja gleich.“
„Und wann ist gleich bei dir?“ Der Koch war noch immer genervt, während er sich aus den Händen des Schwertkämpfers befreite und wieder richtig hinstellte.
„In zehn Minuten...“
„Fünf!“, handelte der Blonde.
„Acht.“
„Sieben!“
„Siebeneinhalb.“
Sanji stöhnte genervt auf. „Wegen mir...“ und mit diesen Worten verschwand er wieder in der Küche. Zorro grinste nur.

– – –

„Lysooo~ooop!!!“ Noch bevor der schmollende Ruf vertönt war, entwich dem Gerufenen ein genervtes Stöhnen. Nicht sonderlich erfreut nahm er die Aufmerksamkeit von seinen Geschossen und wandte den Blick nach oben zur Spitze des Mastes, an dessen Stamm er saß.
„Was ist?“ schrie er unfreundlich nach oben. Dort lugten nur der gelbe Strohhut, zwei Augen und Fingerspitzen über den Rand des Aussichtskorbes.
„Willst du nicht weiter Ausschau halten?!“
Lysop seufzte kopfschüttelnd angesichts Ruffys schmollenden Ton. „Vergiss es! Du bist dran mit Ausschau halten!“
„Aber mir ist sooo langweilig...“
Ein erneutes Seufzen aus der Kehle des Jungen auf dem Deck. „Das ist nicht mein Problem! Du bist heute dran und hälst gefälligst auch weiter Ausschau!“ und mit diesen Worten wandte er sich wieder den Chemikalien für seine Kugeln zu.
Ruffys Lippen verzogen sich derweil zu einem Schmollmund. Er wollte nicht dort oben Ausschau halten. Es war windig, beinahe kalt, einsam und langweilig. Unten konnte man sich wenigstens mit jemandem unterhalten, aber oben...
Der schwarzhaarige Junge robbte zur anderen Seite des Korbes und sah von dort auf das Deck hinab, nach anderen potentiellen Ablösern.
Nami lag auf dem Heck in ihrem Liegestuhl und ließ sich die Sonne auf die Haut scheinen. Ruffy strich sie aus seinen Plänen, sie würde ihn ganz sicher nicht ablösen.
Sanji war in der Küche und kochte. Er durfte ihn also nicht ablösen, der Koch war unerlässlich da unten.
Die Augen des Jungen wanderten weiter. Lysop hatte seine Ablehnung ja schon kundgetan, also blieb nur noch...

– – –

Zorro musste nach Ruffys Schmollerei nicht mal die Augen öffnen um zu wissen, dass der Schwarzhaarige nun sämtliche Crewmitglieder mustern würde, die noch zur Verfügung standen. Er wusste auch, dass er weder Nami noch Sanji fragen würde, also wäre er der nächste. Und seine Antwort stand mit einem klaren ‚Nein’ schon fest. Was Zorro allerdings nicht wusste war, dass Ruffy sich letzteres dachte und darum...
Der Schwertkämpfer ahnte böses, als er eine Hand an seiner Schulter und eine weitere an seiner Hüfte fühlte. Schlagartig öffnete er die Augen, sah aber nur verschwommen angesichts der enormen Geschwindigkeit mit der er nach oben gezogen wurde.
„Waaaaahhhh!!!!“
PLAMM!
Sämtliche Luft entwich aus Zorros Lungen, als er unsanft auf den harten Brettern des Aussichtskorbes aufkam und ein dumpfer Schmerz zuckte durch seinen Rücken.
„Was sollte das denn jetzt?!!“, blaffte er Ruffy an, der neben ihm hockte und mit einem zufriedenen Grinsen anblickte.
„Mir is’ langweilig. Leiste mir Gesellschaft!“
Der Schwertkämpfe stöhnte genervt auf, während er sich leicht hochrappelte und an die Korbwand lehnte. „Du hättest mich auch einfach hochbitten können...“
„Du wärst doch sowieso nicht gekommen...“
„Wenn du mir damit gedroht hättest mich so hochzuholen, wäre ich sicherlich in weniger als drei Sekunden hier oben gewesen...“
„Aber ich hab dich doch so hochgeholt... wieso hätte ich vorher fragen sollen?“ Ruffy verstand nicht ganz was der andere meinte und legte den Kopf leicht schief. Zorro öffnete seinen Mund um etwas zu erwidern, schloss ihn dann aber wieder. Es hätte sowieso keinen Sinn das dem Jungen zu erklären...
„Vergiss es“, meinte er stattdessen.
„Okay.“

– – –

„...“
Zorro lag, mit erneut hinter dem Kopf verschränkten Armen, an die Korbwand gestützt da und döste. Allerdings hatte er das unangenehme Gefühl beobachtet zu werden. Misstrauisch öffnete er ein Auge – und sah Ruffy neben sich hocken, ihn stumm anstarrend.
„Du sollst das Meer beobachten und nicht mich...“
„Das ist aber langweilig...“
Der Schwertkämpfer seufzte. „Das Piratenleben ist halt nicht immer aufregend. Damit musst du leben.“
„Doof...“ Ruffy zog erneut einen Schmollmund, starrte den anderen aber trotzdem weiter an.
„Und hör auf mich anzustarren!“ Zur Bekräftigung seiner Worte, trat Zorro ihm mit einem Fuß ins Gesicht.
„Aber mir ist doch langweilig!“
„Dann starr das Meer an, verdammt nochmal!“ Der ältere stieß den Jungen mit dem Bein an die andere Seite des Korbes, sodass dieser mit dem Oberkörper halb darüber hing. Mit herabbaumelnden Armen meinte er:
„Aber genau das ist doch das Langweilige hier oben!“
Zorro resignierte.

– – –

„Hab ich dir nicht gesagt, du sollst aufhören mich anzustarren?!“ Der Schwertkämpfer machte sich nicht einmal mehr die Mühe die Augen zu öffnen und Ruffy stumm starrend neben sich hockend zu sehen.
„Mir ist aber langweilig...“
„Du wiederholst dich...“
„Unterhalte mich!“ Der Schwarzhaarige piekste den anderen mit seinem Zeigefinger.
„Hör auf mich zu pieksen!“
„Nicht bevor du mich unterhältst!“ Ruffy piekste weiter.
Zorro seufzte und gab schließlich nach. Alles andere war bei dem Strohhutjungen zwecklos. „Und wie soll ich dich unterhalten?“
„Weiß nicht. Denk dir was aus!“
Zorro resignierte ein weiteres Mal.“

– – –

Die sanfte Stille, die Unnatürlicherweise auf der Flying Lamb herrschte, wurde jäh unterbrochen als ein, inzwischen ziemlich stark angenervter, Koch wütend die Küchentür aufstieß und dabei aus voller Kehle schrie:
„ZORRO!!!“
Er hatte eigentlich vorgehabt dem Schwertkämpfer so kräftig in den Hintern zu treten, dass er erst mal einige Meter übers Meer fliegen wurde, doch dieses Vorhaben wurde augenblicklich unmöglich, als der Koch bemerkte, dass der andere nicht mehr an seinem Platz lag. Etwas verwirrt blinzelte er, bis eine gelangweilte Stimme vom Mast herunterschallte:
„Was is’?“
Sofort wallte Sanjis Zorn wieder auf. „Zorro!!! Verdammte Scheiße, was machst du da oben?!!! Komm gefälligst runter!!! Siebeneinhalb Minuten sind schon lang vorbei!!“
Doch statt dem Gerufenen antwortete ein anderer.
„Zorro kann nicht runterkommen. Er muss mir Gesellschaft leisten...“ Erneut blickten nur die Augen und die Fingerspitzen über den Rand des Korbes.
„WAS?!“ Sanjis Augen waren wutgeweitet, verkleinerten sich aber im nächsten Moment, als er eine Stimme hinter sich hörte.
„Was ist denn schon wieder los? Hatte ich mich heute morgen nicht klar genug ausgedrückt?“ Nami kam sich streckend neben dem Koch zum Stehen und sah ihn vorwurfsvoll an. Dieser setzte augenblicklich sein charmantestes Lächeln auf und meinte mit zuckersüßer Stimme:
„Aber natürlich hast du das. Ein schöner harmonischer Tag, und ein wunderbares 3-Gänge Menü, nur für dich mein allerliebstes Namilein!“ Dann wandte sich sein Blick nach oben und die Stimme nahm schlagartig einen gereizten Tonfall an:
„Aber ich kann nicht kochen, wenn jemand bestimmtes seinen Küchendienst nicht erfüllt!“
„Ich kann nicht runterkommen. Er hält mich fest.“ Nami und Sanji sahen nur eine Hand des Schwertkämpfers über den Rand des Korbes auftauchen, die auf Ruffys Kopf deutete. Der saß unverändert da und starrte auf seine zwei Crewmitglieder unter sich.
„Mir ist langweilig...“, meinte er dann als Erklärung.
Der Koch platze inzwischen fast vor Wut, Nami schüttelte jedoch nur resignierend den Kopf. „Lass ihn“, sagte sie schließlich und legte Sanji beruhigend die Hand auf den Arm. „Ich helf’ dir heute in der Küche. Mit Ruffy zu sprechen hat doch eh keinen Sinn. Zorro übernimmt dann halt meinen Dienst morgen.“ Schulterzuckend ging sie in die Küche. Der Koch starrte ihr einen Augenblick hinterher, bis er ihr mit funkelnden Augen folgte.
„Oho! Mein Namilein und ich alleine in der Küche! Vielleicht krieg ich dann ja einen Kuss!!?!“
Zorro und Lysop konnten nur seufzend den Kopf schütteln, während Ruffy weiterhin hinunterstarrte.

– – –

„Warum will Sanji immer einen Kuss von Nami?“ Der Schwarzhaarige nahm schließlich seinen Blick von der Küchentür und richtete ihn wieder auf den Schwertkämpfer neben sich.
„Weil er notgeil ist, darum.“
Ruffy legte den Kopf schief. „Ist küssen so toll?!“
„Für ihn anscheinend schon.“ Zorro klang gelangweilt, er wollte sich eigentlich nicht gerade den Kopf über ihren Dauerlüstling von Koch zerbrechen. Nur wenn der Junge etwas wissen wollte, musste er ihm antworten, sonst... würde er ihn nerven bis Zorro durchdrehen würde.
„Hm...“
Ein plötzliches Keuchen war zu hören, als Ruffy seine Ellbogen unsanft in den Bauch des Schwertkämpfers rammte und nun so gestützt in sein Gesicht sah. „Aber er kriegt nie einen Kuss“, stellte er mit einer Unschuld fest, die Zorro unwillkürlich grinsen ließ.
„Nami ist ja auch schlau und lässt sich nicht auf ihn ein.“ Er überlegte noch etwas hinzuzufügen, entschied sich dann aber dagegen. Allerdings hatte Ruffy es bemerkt.
„Was?“
„Nichts...“
„Sag schon!“
Ein weiteres Keuchen als der Junge seine Arme weiter in den Bauch des anderen rammte um ihn zum Reden zu bewegen.
„Naja“, fuhr Zorro dann notgedrungen fort. „Vielleicht ist Sanji auch ein wenig dumm...“
„Wieso?“ Ruffy legte den Kopf schief und sah den Älteren fragend an. Dieser musste erneut angesichts dieser Naivität grinsen.
„Weil er sich nicht einfach nimmt, was er will.“
Unverständnis sprach aus den fragenden Augen. Zorro seufzte.
„Manchmal muss man sich halt nehmen, was man will. Manche Dinge lassen ewig auf sich warten, da sitzt du noch da bis du grau und alt bist und hast sie immer noch nicht.“
„Hm...“ In Ruffys Gesicht spiegelte sich ein kleiner Schein von Verstehen, während er – noch immer in den Bauch des anderen gestützt – mit seinem Gesicht Zorro immer näher kam. Der sah ihn einige Augenblicke überrascht an. Dies widerrum schien den Jungen zu irritieren und er hielt in der Bewegung inne.
„Und wann weiß man, wann man nicht mehr warten soll?“
Verstehen leuchtete in Zorros Gesicht auf – und verwandelte sich augenblicklich zu einem dreckigen Grinsen auf den Lippen.
„Unterschiedlich.“
„Und woher weißt du, wann du nicht mehr warten sollst?“ Das Gesicht des Jungen befand sich inzwischen direkt über dem des Älteren und zeigte einen Ausdruck von Unsicherheit angesichts des seltsamen Lachens.
„Ich warte nicht“, Zorros rechte Hand schob den Strohhut etwas nach vorne und vergrub sich sanft in die schwarzen Haare. „Ich nehm’ mir einfach was ich haben will!“, und mit diesen Worten zog er Ruffy zu sich runter.

– – –

Ganz im Gegensatz zu seinem sonstigen Auftreten, war Zorros Kuss sanft, beinahe zärtlich. Ruffys Lippen lagen noch ein wenig scheu auf seinen, es schien als habe sich die Vermutung des Schwertkämpfers bestätigt und es war der erste Kuss des Jungen. Langsam wurde der Ältere etwas fordernder, verstärkte den Druck. Aber-
„Bforro?!“
Mit einem missbilligenden Stöhnen, nahm der Grünhaarige seine Lippen von denen des anderen und sah ihn etwas beleidigt an: „Was denn? Hat’s dir nicht gefallen?!“
„Doch, aber...“ Ruffy klang zu Zorros Überraschung etwas verlegen. „Man kriegt da so schlecht Luft...“
Der Schwertkämpfer klatschte mit der Hand gegen seine Stirn – und fing dann an zu lachen.
„Was ist?!“ Nun klang der Junge leicht beleidigt.
„Nichts“, Zorro wuschelte kurz durch das schwarze Haar, während er noch ein wenig weiter lachte. Dann sah er in die großen Augen über sich, die ihn aus einem schmollenden Gesicht anstarrten. „Du musst nur richtig atmen. Wir üben das einfach noch ein bisschen.“
„Na gut..“, und bevor der Ältere noch was erwidern konnte, lagen die Lippen des anderen schon wieder auf seinen.

– – –

Nach einer Weile löste sich Ruffy wieder von Zorro um ihn erneut anzustarren.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“, fragte der Ältere leicht genervt.
„Nichts...“ Dann begann der Junge urplötzlich zu strahlen. „Aber es geht jetzt!“
Zorro musste wieder grinsen. „Ja, tut es. Dann können wir ja einen Schritt weitergehen.“
Gerade als Ruffy fragen wollte, was er damit meinte, wurde er ein weiteres Mal heruntergedrückt und seine geöffneten Lippen landeten auf denen des anderen.
Ein feuchte Zunge schob sich langsam zwischen den Zähnen des Schwertkämpfers hindurch, um sich Zutritt in die Mundhöhle des Jungen zu verschaffen. Als die warme Spitze auf die Zähne des Schwarzhaarigen traf, zuckte Ruffy erschrocken zurück. Damit rechnend verstärkte Zorro seinen Griff um den dunklen Schopf und ließ es nicht zu, dass die anderen Lippen erneut von seinen weggenommen wurden.
Die Zunge des Älteren glitt schließlich sanft in den anderen Mund und stupste immer wieder kurz die dortige Zunge an. Ruffy anfangs erneut etwas scheu, erwiderte schließlich die leichten Stöße, bis der Kontakt der feuchten Spitzen immer intensiver und länger wurde. Bald verwanden sich beide Zungen in einem zärtlichen Spiel, einmal die eine, einmal die andere Mundhöhle erkundend.

– – –

Die Lippen fest aufeinander gepresst und die Zungen schon fast kämpfend, lagen die zwei Piraten im Aussichtskorbes, weit über dem Rest des Schiffes.
Ruffy lag inzwischen mehr auf Zorro drauf, als dass er noch kniete. Letzterer hatte seine eine Hand noch immer in den Haaren des Jungen vergraben, die andere hatte den schlanken Körper fest umschlungen, sodass er auch ja nicht entweichen konnte.
Nach einiger Zeit lösten sie sich aber doch wieder – wie durch ein stummes Signal beinahe gleichzeitig – voneinander und schnappten nach Luft. Noch schnaufend legte Ruffy seinen Kopf auf Zorros Brust und grinste.
„Was ist?“, fragte der Schwertkämpfer. Dabei nahm er den Strohhut vom Kopf des anderen, da dieser die Sicht auf die Augen verhinderte und setzte ihn sich selber auf. Ruffy ließ ihn gewähren, dann meinte er:
„Ich kann jetzt verstehen, warum Sanji immer einen Kuss will.“
Zorro musste lachen.

– – –

„Und?“ Ruffy hatte sich aufgesetzt und saß jetzt auf Zorros Becken, fragend auf diesen runterschauend. Der verstand allerdings nicht, was der Junge meinte und sah deshalb genauso fragend zurück. Als der Schwarzhaarige nur den Kopf schief legte, fragte er schließlich:
„Was und?“
„Gibt’s noch ne Steigerung?!“
Überrascht schob Zorro den Strohhut etwas höher um das ganze Blickfeld frei zu haben. Dann meinte er, erneut dreckig grinsend:
„Ja, gibt es.“
Ruffys Gesicht hellte sich auf, aber bevor er noch etwas weiteres sagen konnte, hallte von unten eine Stimme hinauf:
„ZORRO!!! RUFFY!!! ESSEN!!!“ Sanjis Ton war gar nicht freundlich, genauso wenig wie sein Gesichtsausdruck. Mit zusammengebissenen Zähnen starrte er nach oben und sah schließlich Ruffys Kopf – diesmal jedoch ohne Strohhut – über dem Korbrand auftauchen.
„Aber wir sind doch gerad beschäftigt!“
Der Koch blinzelte irritiert. Was konnte Ruffy denn bitte schön davon abhalten, zum Essen zu kommen? Oder...
„Verdammt nochmal! Verarschen kann ich mich selber! Kommt jetzt gefälligst runter!! Ich hab mich nicht umsonst ne Stunde in die Küche gestellt, damit ihr was zwischen die Zähne bekommt!!! Also bewegt jetzt verdammt nochmal eure Ärsche hier runter!!!“
„Sa~nji!“, flötete es langgezogen aus der Küche, worauf der Angesprochene augenblicklich die Gemütslage wechselte.
„Oh, entschuldige Namilein. Ich wollte ja nicht mehr schreien!“
Ruffy beobachtete, wie Sanji förmlich in die Küche zurückschwebte und sah dann wieder zu dem Schwertkämpfer, auf dem er noch immer saß. Zorro war gerade dabei sich aufzurichten, kam aber nicht weiter als die Ellbogen aufzustützen, da der Junge sich nicht rührte.
„Was ist? Es gibt Essen.“
„Ich dachte wir machen weiter...“ Der Schwarzhaarige sah aus als wolle er jeden Augenblick schon wieder schmollen.
Zorro blinzelte verwirrt. Es musste dem Jungen ja ziemlich gefallen haben, wenn er dafür sogar das Essen ausfallen lasse würde. Er schüttelte den Kopf. Dann drückte er Ruffy den Strohhut zuerst direkt ins Gesicht um ihn danach richtig auf den schwarzhaarigen Schopf zu schieben.
„Wir können ja auch noch später weiter machen. Jetzt gehen wir erst mal essen. Auf!“
Ruffy zuckte mit den Schultern. „Okay“, und augenblicklich hatte er sich den anderen geschnappt und war mit ihm nach unten gesprungen.
Als Zorro unsanft auf den Brettern aufschlug, wünschte er sich, sie hätten das Essen doch ausfallen lassen...
 

Teil 02

 

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