Mondlicht

Es wird dunkel. Wieder einmal. Schon leuchten die ersten Sterne am Himmel.

Das Mondlicht ist freundlicher als das der Sonne. Ich könnte den Mond stundenlang ansehen.

Die Sonne ist grell und blendend. Immer wenn mein Blick zufällig auf sie fällt, fühle ich mich klein und schutzlos.

Das ist der Grund warum ich meine Augen tagsüber hinter einem aufgesetzten Grinsen verberge.

Ich mag die Nacht, und mit der Nacht kommst auch du.

Sollte ich vielleicht sagen "obwohl"? Oder eher "denn"?

Ich weiß es nicht.

Ich weiß gar nichts.

Nur das ich schwach bin.

Zu schwach um mich zu wehren.

Doch will ich das überhaupt?

Mit Schwäche meine ich nicht die körperliche, so ist das nicht.

Ich meine die Schwäche meines eigenen Willens.

Ich habe nicht die Kraft dir zu widerstehen.

Ich sehne mich nach dir, jeden Moment da ich dich nicht sehe.

Ich hasse dich dafür, das du mich in so eine Lage versetzt.

Hasse mich selbst.

Ich brauche dich, doch ich weiß, dass du mich nur benutzt.

Er kann mich jederzeit fallen lassen, auch wenn ich nicht daran glaube.

Warum solltest du auch?

Ich leiste keinen Widerstand, du hast Macht über mich, ich bin dein Spielzeug.

Dir könnte dieses Spiel höchstens nach einer Zeit langweilig werden.

Ja, das ist wohl die einzige Gefahr.

Aber warum tust du es überhaupt?

Macht es dir Spaß mich zu quälen?

Ich verstehe dich nicht. Ich weiß, dass du höchstwahrscheinlich überhaupt nichts für mich empfindest.

Aber wenn du wollte, könntest du mich ganz haben. Nicht nur nachts und im Geheimen.

Vielleicht fürchtest du um deinen Ruf, wenn es rauskommt, dass der große Sasuke mit dem von allen verachteten Naruto zusammen ist.

Zusammen? Ich weiß nicht, ob man das überhaupt so nennen kann. Na ja, irgendwie scheinst du schon an mir zu hängen, sonst würdest du nicht immer wieder zu mir zurückkommen.

So gesehen wäre das ja eine Schwäche. Vermutlich die einzige, die du hast.

Aber ich weiß ja auch nichts über dich, dabei weißt du alles von mir, du durchschaust mich völlig.

Es stört mich auch nicht. Wenn du dich mir bloß auch ein wenig öffnen würdest. Aber das ist wohl zu viel verlangt.

Ich will ja nur wissen warum du das tut, mehr nicht.

Niemand kennt dein, unser Geheimnis, ich werde es auch niemandem erzählen.

Nur der Mond. Er weiß es schon längst.

~*~

Seltsame Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, während ich an meinem offenem Fenster stehe und die nächtliche Stadt betrachte. Ein kaum wahrnehmbares Rascheln des Vorhangs und plötzlich steht er neben mir. Starr und ausdruckslos wie immer.

Ich sehne mich den ganzen Tag nach diesem Augenblick, doch gleichzeitig fürchte ich mich vor ihm. Ich schaue ihn nur an. Will ihn für immer ansehen. Er ist so schön, wenn das Mondlicht auf ihn fällt. Doch wie immer verliert er keine Zeit.

Während er sich an meinem Hals zu schaffen macht, kommt mir der merkwürdige Gedanke, dass ich mich nicht mal erinnern kann, wie seine Lippen schmecken. Er hat es immer vermieden mich auf den Mund zu küssen. Hat er es überhaupt schon einmal getan? Wahrscheinlich nicht. Es ist fast so, als hätte er Angst davor. Als ob es so etwas wie ein Versprechen oder eine Verpflichtung auslösen würde.

Vielleicht tut es das auch. Vielleicht ist so ein Kuss den wahren Liebenden vorbehalten. Ich wünschte er würde es tun. Mich küssen meine ich. Es würde mich glücklicher machen als alle Nächte der Welt zusammen mit ihm. Doch er wird es nicht tun. Denn er liebt mich nicht.

Ich kann ein leises Aufstöhnen nicht unterdrücken, als seine Hände über meinen Körper wandern. Ich sollte mich besser unter Kontrolle haben. Ich sehe zu ihm auf, beobachte seine pechschwarzen Augen, wie das Mondlicht auf seine wunderschönen Züge fällt, kann dadurch jedoch nicht seine Gedanken erraten, sie sind undurchsichtig wie immer.

Ich weiß nicht was für Gefühle er für mich hat, aber Liebe kann es nicht sein. Ich weiß, er ist nicht unbedingt die Person, die über solche Sachen redet, aber irgendwie würde er es mir doch zeigen, oder?

Ich liebe ihn. Ich weiß nicht mehr wann mir das klar geworden ist, ob erst beim ersten Mal, das er zu mir gekommen ist oder ob ich es schon viel früher wusste. Aber irgendwie habe ich es wohl schon immer geahnt.

Ich habe es ihm nie gesagt. Er würde mich wahrscheinlich auch nicht ernst nehmen. Oder er weiß es eh schon, meine Augen verraten ihm viel mehr als mir seine. Ja, er wird es wissen. Wahrscheinlich schreien meine Blicke die ganze Zeit: "Ich liebe dich! Ich brauche dich! Verlass mich nicht!" Es ist zwecklos vor ihm etwas verstecken zu wollen.

Dann werden die letzten vernünftigen Gedanken aus meinem Kopf weggewischt. Ich kann nicht mehr denken, nur noch fühlen. Ich verliere die Kontrolle über mich selbst und gebe mich ihm völlig hin.

~*~

Ich stütze mich auf meine Ellenbogen auf und sehe ihm dabei zu, wie er sich wieder anzieht. Er ist wirklich perfekt. Alles an ihm. Kein Wunder, dass ihm alle Mädchen von Konoha hinterherlaufen. Doch er ist hier bei mir... Wenn Sakura das jetzt sehen könnte....

Doch auch dieser Gedanke ringt mir kein Lächeln ab. Es ist für den Tag reserviert.

Ich will nicht, dass er geht. Doch wenn ich nichts tue, wird er gleich verschwunden sein, so spurlos wie ein Schatten, und nur Einsamkeit zurücklassen. Ich setzte mich ruckartig auf.

"Sasuke", flüstere ich flehentlich, "warte!"

Wie oft habe ich schon so versucht, ihn aufzuhalten, doch meistens ignoriert er mich einfach. Doch nicht diesmal. Er dreht sich um und betrachtet mich schweigend. Ich kann nichts mehr sagen, irgendwie scheint es mir an Worten zu fehlen, wenn ich in diese schwarzen Augen blicke, die mir nichts über den Menschen dahinter sagen können.

Doch plötzlich scheint es mir als würden sich seine Züge für einen kurzen Augenblick entspannen und ich vermeine in seinen Augen etwas wie Wärme zu lesen. Es war jedoch zu kurz um es wirklich festzumachen, vielleicht habe ich mich auch nur getäuscht. Trotzdem gibt es mir die Kraft weiterzusprechen.

"Ich...ich habe eine Bitte." Er tritt langsam näher an mich heran und nickt kaum merklich.

"Könntest du...", ich strecke meine Hand aus und halte mich an seinem Unterarm fest, als fürchtete ich zu ertrinken, würde ich loslassen.

"...ich bitte dich, könntest du mich ...nur einmal ....richtig küssen?"

Ich schaue beschämt zu Boden, als hätte ich etwas schändliches ausgesprochen. Schon sehe ich vor meinem inneren Auge, wie er sich abwendet und geht, doch er tut es nicht.

Der harte und lauernde Blick in seinen Augen weicht und hinterlässt eine merkwürdige Sanftheit, die ich bei ihm noch nie gesehen habe. Er hebt seine freie Hand, führt sie mit einem zögerndem Ausdruck zu meinem Kinn und hebt es leicht an. Langsam streicht er mit seinem Daumen über meine Lippen. Ich schließe die Augen und spüre ein nie gekanntes Glücksgefühl durch meinen Körper rasen.

Ich merke noch wie sich sein Schatten über mich beugt und fühle dann plötzlich das unglaubliche Gefühl seiner Lippen auf meinen. Zum zweiten Mal heute kann ich an nichts mehr außer ihm denken bin aber viel glücklicher als irgendwann zuvor. Er küsst mich so sanft und vorsichtig, wie ich es nie von ihm erwarte hätte.

Als er sich wieder von mir löst und ich die Augen aufschlage, kann ich gerade noch sehen, wie sich wieder der gewohnt harte Ausdruck auf sein Gesicht legt. Habe ich gerade den echten Sasuke gesehen, oder hat er sich nur für mich verstellt? Sehr verwirrt aber auch sehr froh sitze ich noch lange da und betrachte den Mond.

"Danke", flüstere ich leise, als es schon längst zu spät und Sasuke gegangen ist.

Aber eigentlich weiß ich auch nicht zu wem ich es genau gesagt habe.

 

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